Die Jahre nach 1989
Liebe Hennickendorferinnen und Hennickendorfer,
Liebe Freunde des Volkschores,
in meinen letzten Beiträgen zum 75-jährigen Jubiläum des Volkschores habe ich mich mit Ereignissen rund um den Chor beginnend mit der Gründung bis zur friedlichen Revolution in unserem Land beschäftigt.
Mit dem Beginn der freien Marktwirtschaft begann auch für den Chor als Verein eine neue Zeit, die es galt zu organisieren und zu gestalten. Ein Neuanfang, vielleicht zu vergleichen mit den Jahren der Neugründung nach 1945. Die Euphorie über die erste D-Mark und auch über die neu gewonnene und so hart erkämpfte Reisefreiheit war schnell vorbei. Es galt sehr bald, sich mit den neuen Anforderungen in einer neuen Gesellschaftsordnung zu beschäftigen und sich diesen Anforderungen zu stellen. Der, der in den Jahren nach 1989 in den neuen Bundesländern aktiv an der Gestaltung dieser neuen Gesellschaft, ob in der Politik, in den Firmen oder auch in den Vereinen mitgewirkt hat, weiß, mit welchem Aufwand es verbunden war sich zu informieren, um die richtigen Entscheidungen vorzubereiten und diese dann auch zu verantworten.
Ich werde mich aber hier nur mit den Themen beschäftigen, die direkt mit der Vereinsgeschichte des Chores in Verbindung stehen.
Gab es in der DDR Kulturförderungsprogramme, Förderungen durch ortsansässige Betriebe und auch finanzielle Zuwendungen von vielen offiziellen Organisationen, so war das nun alles vorbei. Von nun an hieß es auf eigenen Beinen stehen, Ausgaben und Einnahmen kalkulieren, sich neu organisieren und in die neue Gesellschaftsform einzufinden, eine schwere Aufgabe für die damaligen Verantwortlichen. Zuerst mussten sie sich mit den neuen Regelungen über das Vereinsleben beschäftigen. Es galt eine Satzung zu formulieren um den Verein in das offizielle Vereinsregister als gemeinnützigen Verein einzutragen. Dies geschah dann am 19. Februar 1992. Damit war der offizielle Name: Volkschor Hennickendorf e.V. besiegelt.
Eine weitere wichtige Aufgabe war es, die finanziellen Belange des Chores zu kalkulieren und zu regeln. Hatte man zum Beispiel bis 1989 die Chorleiter nach Aufwandsentschädigung bezahlt, so stand nun die Aufgabe eine angemessene Honorierung dieser abzusichern. Dazu wurden Mitgliedsbeiträge festgelegt, was auch von allen Vereinsmitgliedern ohne Diskussionen angenommen wurde.
Eine weitere Aufgabe war es, sich mit den bestehenden Regelungen bei Musikaufführungen und Veranstaltungen zu beschäftigen, denn es gab die GEMA (Die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte), die über die gerechte Honorierung der Künstler wacht.
Aber all diese Neuerungen und Änderungen im Vereinsleben wurden durch die Verantwortlichen gemeistert und das Vereinsleben ging weiter. Eine entscheidende Rolle dabei spielten neben den Entscheidungsträgern und dem künstlerischen Leiter Günter Wall, Christel Bratsch und Heidi Patzer, die zur damaligen Zeit ebenfalls aktiv im Vorstand des Chores mitarbeiteten. So berichteten mir die in dieser Zeit amtierenden Vorstandsvorsitzenden Edgar Gutjahr und Paula Kraschinski. An dieser Stelle liebe Christel und liebe Heidi ein großes Dankeschön für eure aufopfernde, ehrenamtliche Arbeit, die ausschlaggebend dafür war, die ersten schweren Jahre nach 1989 schadlos zu überstehen. Christel Bratsch ist heute noch im Vorstand aktiv und kümmert sich weiterhin um viele bürokratische Angelegenheiten und Formalitäten, die es zu erledigen gilt, damit das Vereinsleben seinen gewohnten Gang nimmt. Danke schön, auch dafür.
So nahm das Vereinsleben weiter seinen gewohnten Lauf und die so prägenden Ereignisse im Hennickendorfer Kulturleben konnten weiter stattfinden. Dazu gehörten: Fasching, Kaffeekonzert, Pfingstkonzert, Winzerfest, Weihnachtskonzert und Wachtelturmsingen, nur um einige zu nennen.
Das nächste größere erwähnenswerte Ereignis in der Geschichte unseres Vereines fand am 29.06.1996 auf dem Festplatz hier in Hennickendorf statt. Ein besonderes Fest rund um das 50-jähige Jubiläum des Volkschores, unter der musikalischen Leitung von Günter Wall, das mit 8 weiteren Chören und mehr als 1.000 begeisterten Zuschauern gefeiert wurde.
Aber auch ein besonderes Ereignis in der Geschichte unseres Ortes, denn das von unserer Partnergemeinde (Neuburg am Rhein) organisierte Festzelt hatte, im wahrsten Sinne des Wortes seine „Feuertaufe“ zu bestehen. Während der Festveranstaltung gegen 16:00 Uhr, wie aus einem Bericht in der Wachtelausgabe Nr.96, verfasst von Frau Wolter, zu lesen war, „öffnete der Himmel seine Schleusen, der Regen prasselte auf das Zeltdach und die Windböen fegten über den Platz“, so das von den Aufführungen des Gemischten Chores Strausberg, der zu diesem Zeitpunkt gerade sein Programm vortrug nicht viel zu verstehen war.
Erst als, so weiter im Bericht von Frau Wolter, vom Volkschor Hennickendorf, Beethovens „Die Himmel rühmen“ erklang, beruhigte sich die Wetterlage. Welch ein Omen auch für den künstlerischen Leiter Günter Wall!
Den Abschluss der Veranstaltung bildete ein gemeinsames Singen der 8 anwesenden Chöre.
In einem Artikel der Märkischen Oderzeitung vom 01.Juni 1996 können wir eine weitere kleine Geschichte nachlesen, die ich nicht unerwähnt lassen möchte.
Die Vizebürgermeisterin unserer Partnergemeinde aus Neuburg am Rhein war vom gemeinsamen Auftritt der 8 Chöre so angetan, dass sie diese Idee mit nach Hause nahm. Sie sagte damals wörtlich: „Die Idee mit dem Massen-Chor, die nehmen wir mit“. Ihr Mann verriet dann wohl dem Journalisten auch noch ein kleines Geheimnis. Denn in Neuburg gab es zur damaligen Zeit zwei Chöre, bei denen durch Konkurrenzverhalten untereinander an ein gemeinsames Singen nicht zu denken ist. So haben die neuen Bundesbürger wohl den alten Bundesbürgern doch wirkungsvoll gezeigt, wie Gemeinschaft funktioniert und was daraus entstehen kann. Vielleicht hat diese Veranstaltung den Anstoß zu einer glücklichen Zusammenarbeit der Chöre in Neuburg gegeben.
Hier der zitierte Ausschnitt aus der MOZ vom 11.06.1996
An dieser Stelle ist es mehr als angebracht die Leistung und das Engagement des oben erwähnten künstlerischen Leiter Günter Wall zu würdigen.
Günter Wall, Chormitglied seit 1946, hat über all die Jahre seiner Chormitgliedschaft sein musikalisches Talent mit großer Leidenschaft in das Kulturgeschehen nicht nur in Hennickendorf eingebracht, nein er war auch in den Nachbargemeinden Herzfelde und Strausberg als künstlerischer Leiter aktiv. Er war aktiv an der Gründung der Musikgruppe (siehe dazu auch den Beitrag vom Mai dieses Jahrs hier in der Wachtel) beteiligt. Später wirkte er aktiv als Musiker im Streichorchester mit und übernahm nach der Gründung des Blasorchester dessen Leitung und Dirigat bis zur Übernahme durch seinen Sohn Olaf Wall im Jahr 2000. Wie schon angedeutet waren der Volkschor Hennickendorf und das Blasorchester nicht seine einzigen Klangkörper, die er leitete und führte. Neben seiner verantwortungsvollen Arbeit in der TGA Hennickendorf betreute er auch noch 3 weitere Chöre, den Volkschor Herzfelde, den Männerchor Strausberg und den gemischten Chor der TGA Hennickendorf. Ja und dann gab er auch noch Akkordeonunterricht.
Ein Leben für die Musik voller Disziplin und Tatendrang.
Ohne ihn wäre der Volkschor Hennickendorf nicht das was er Heute ist.
Wie schon in meinem letzten Artikel notiert, möchte ich die Personen benennen, die in den hier geschilderten Jahren die Verantwortung für die Geschicke des Vereines trugen:
- Herr Edgar Gutjahr Vorstandsvorsitzender von 1981 bis 1991
- Herr Günter Wall Chorleiter von 1991 bis 2000
- Frau Paula Kraschinsi Vorstandsvorsitzende von 1991 bis 1994
- Herr Michael Döppner Vorstandsvorsitzender ab 1995
Einige Ereignisse in unserem Vereinsleben gibt es noch, über die ich dann in der nächsten Ausgabe der Wachtel berichten werde.
Bis dahin.
Bleiben Sie uns gewogen
Bleiben Sie interessiert und
bleiben Sie gesund.
Heinz-Georg Rohrberg
Bild zur Meldung: Die Jahre nach 1989